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New Work: Ein oft missbrauchter Begriff


Neon-Schrift auf buntem Retro Hintergrund, Text: "this must be the place"

New Work ist einer dieser Begriffe, der ausgesprochen viel Projektionsfläche bietet. Kaum ein Konzern, der sich nicht mit diesem Begriff schmückt - für Agenturen und Tech-Firmen ist er lange schon Standard. Doch was steckt eigentlich hinter diesem Trendwort?


 

Der New Work Begriff ist wichtig, aber wird oft falsch verwendet

So unscharf der Begriff New Work ist, so wichtig ist die Idee dahinter! Deshalb möchten wir uns in diesem Artikel den folgenden Fragen nähern:


 Woher stammt der Begriff überhaupt?

Frithjof Bergmann: Begründer von New Work

Der österreichisch-amerikanische Sozialphilosoph Frithjof Bergmann gilt als der Begründer der New Work-Bewegung in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Ausgehend von einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus und gleichzeitig der Erkenntnis, dass auch der Sozialismus seine Versprechen nicht einlösen konnte, entwickelte er ein Gegenmodell.

Zentrale Werte der „Neuen Arbeit“ sind Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung und soziale Verantwortung. Im Kern ging es Bergmann darum, dass Menschen bei der Arbeit mehr Sinn erleben, Freude haben und sich selbstwirksam erleben können.


 Warum ist New Work so angesagt?

Die Antwort auf Globalisierung und Digitalisierung

Heute gilt New Work als die Antwort auf Globalisierung, Digitalisierung und die Entwicklung von künstlicher Intelligenz. Die Herausforderungen für Unternehmen und Menschen sind gewaltig, insbesondere die immer höhere Komplexität und enorme Schnelligkeit von Entwicklungen erfordern neue Antworten. Gleichzeitig kommen mit der Generation X/Y/Z Mitarbeitende in die Unternehmen, die mehr erwarten als nur gute Bezahlung.

Mit New Work wird die Hoffnung verbunden, dass zentrale Werte von Frithjof Bergmann Grundlage für eine neue Form der Zusammenarbeit in Unternehmen sein können.



Kein Patentrezept für Unternehmen

Schon zu Frithjof Bergmanns Zeiten gab es nicht den einen Weg zu mehr Freiheit, Selbstständigkeit und damit auch Zufriedenheit im Arbeitsleben. Und dies gilt heute umso mehr.

Dies ist Fluch und Segen gleichermaßen: Ein Fluch, da New Work sich dadurch hervorragend als Projektionsfläche eignet. Alles, was irgendwie neu und fancy klingt, ist „New Work“. Und wenn es nur der Tischkicker ist.

Aber es bietet auch die Chance, Bergmanns Ideen und Werte auf unsere Zeit zu übertragen und weiterzuentwickeln.


 Welches sind die zentralen Säulen von New Work heute?

Zentrale Säulen von New Work heute

Neues Mindset

  • ‘Purpose’ - der Wunsch nach einer sinnhaften Arbeit

  • Potenzialentfaltung und persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden

  • Nicht der Stärkste gewinnt, sondern das Team

  • Unterschiedlichkeit als Chance und Gewinn erkennen

  • Offenheit und Flexibilität, hohe Veränderungsbereitschaft

  • Social Responsibility als bedeutender Wert auch in ‚klassischen‘ Unternehmen

Führungskultur auf Augenhöhe:

  • Führungskräfte arbeiten nicht im, sondern am Unternehmen

  • Führungskräfte sind Coaches, sie inspirieren und motivieren

  • Grundlage ist eine Vertrauenskultur und Empathie

  • Mitarbeitende werden zu Eigenverantwortung befähigt, ihre Stärken gefördert

  • Diese Führungskultur gilt gleichermaßen für die Geschäftsführung / Unternehmensleitung

Agile Zusammenarbeit

  • Ermöglichung funktions- / bereichsübergreifender Zusammenarbeit

  • Einführung agiler Arbeitsmethoden

  • Offene Kommunikation als Teil der Unternehmenskultur

  • Förderung von Diversität

Hierarchiearme Organisation

  • Neue Organisationsformen sind dynamisch: Sie werden ausprobiert, verworfen, weiterentwickelt

  • Entwicklung hin zu systemischen oder holistischen Organisationen

  • Laterale Führung gewinnt an Bedeutung

  • Organisationsübergreifende Kooperation

  • Verantwortung weg vom Management, hin zum Team

Moderner Arbeitsplatz

  • Freiraum für kreatives, kollaboratives, aber auch konzentriertes Arbeiten

  • Home Office, Co-Working-Spaces und digitales Nomadentum

  • Neue und flexible Arbeitszeitmodelle

  • Einführung von Collaboration Tools

Technologie und Digitalisierung

  • Digitalisierung und neue Technologien unterstützen moderne Arbeitsformen

  • Dazu gehört die zeit- und ortsunabhängige Zusammenarbeit

  • Gewinn an Effizienz durch Automation wird für Innovation, Veränderungsprozesse und Sinnstiftung genutzt

  • Aktive Förderung und Einbindung der Außenwelt in strategische Innovationsprozesse


 Woran erkenne ich New Work heute?

Woher weiß ich, dass New Work drin ist, wo New Work draufsteht?

So wenig Bergmann die Herausforderungen von Digitalisierung und Globalisierung in diesem Ausmaß voraussehen konnte, so sehr sind seine Werte und sein Modell einer ‚Neuen Arbeit‘ ein hervorragender Maßstab dafür, „Etikettenschwindel“ zu erkennen

Entscheidend ist, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.

Tischkicker können ein wunderbarer Zeitvertreib in der Mittagspause sein. Aber es wird viele Unternehmen geben, in der ein Tischkicker ungenutzt in der Ecke steht und in der die Mitarbeitenden ganz andere Erwartungen an die Mittagspause haben.

Nicht die Frage nach dem Tischkicker ist entscheidend. Sondern ob das Arbeitsumfeld, die Organisation und Kultur die Selbstständigkeit von Menschen unterstützt, der Freiheitsliebe Rechnung trägt, die Tätigkeit als sinnvoll empfunden wird und Entwicklung stattfinden kann.

Dazu müssen alle Säulen von New Work Berücksichtigung finden: Eine kann nicht ohne die anderen stehen, sonst steht das Haus schief. Ein Tischkicker kann dafür eine wunderbare Ergänzung sein.


 Welche Herausforderungen und Schwierigkeiten bringt New Work mit sich?

New Work ist harte Arbeit

Liest man über New Work, kann man sich schnell dafür begeistern. Freiheit, Selbstbestimmung und Flexibilität – wer hätte das nicht gerne. In der Arbeitsrealität bedeutet New Work sowohl für Unternehmen als auch Mitarbeitende aber harte Arbeit.

Für Unternehmen ist eine Transformation hin zu agiler Zusammenarbeit, die Einführung sinnvoller und unterstützender Tools und das Mitnehmen aller Mitarbeitenden eine große Herausforderung. Und auch für die Menschen in der Organisation können die Veränderungen beängstigend und belastend sein. Der eigene Schreibtisch war lange Zeit im Büro heilig und Tätigkeiten nur auszuführen, kann weniger anstrengend sein, als selbst Entscheidungen treffen zu müssen.

Es ist deshalb immer wichtig zu berücksichtigen: Nicht jedes New Work-Konzept funktioniert in jeder Organisation.


Was ging von Bergmann verloren?

Sucht man nach dem Begriff New Work im Internet, fehlt in aller Regel ein wichtiger Aspekt: Die soziale Verantwortung. Für Bergmann gehört ein Bewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften und Engagement im Gemeinwesen genauso zu New Work wie der Freiheitsbegriff.

Nimmt man New Work ernst, muss auch die Frage nach sozialer Gerechtigkeit heute und für zukünftige Generationen gestellt werden. Nicht zuletzt die Klimakrise wird Unternehmen dazu drängen, nachhaltiges Wirtschaften zu einem zentralen Unternehmensbestandteil zu machen. Dies wiederum birgt die Chance für Mitarbeitende, einer sinnerfüllten Arbeit nachzugehen. So kann sich der Kreis hier schließen.



Fazit: New Work ist letztlich eine Utopie

New Work ist gleichermaßen Utopie wie notwendige Zukunftsgestaltung. Dabei ist New Work auch immer ein Prozess, der Menschen mitnehmen muss und von Menschen gestaltet wird.


 

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