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Reinventing Organizations: Von neuen Teams – und Bäumen

Autorenbild: Gabri HerrmannGabri Herrmann

Eine laubbedeckte Lichtung in einem dunklen Blätterwald

Was haben ein Wald und selbstorganisierte Unternehmen gemeinsam? Sie sind beide selbstorganisiert. „Re-intenving Organizations“ vergleicht die Entwicklung von Wäldern mit der von evolutiven- bis hin zu selbst-organisierten von Unternehmen. Und so sehr ich diese Entwicklung unterstütze – so sehr hinkt aber aus meiner Sicht ein Teil der Argumentation, und das macht mich stutzig. Denn die sehr positive Vision selbst-organisierter Unternehmen laut Autor passt eigentlich gar nicht zum täglichen Überlebenskampf im Wald. Daher frage ich mich: wenn der Bild-Vergleich so hinkt, wie sehr kann ich dann den skizzierten Unternehmensformen vertrauen? Eine biologische Auseinandersetzung. 

 

Reinventing Organizations: Zwischen Vision und Realität


„Re-inventing Organizations“ – cooles Buch, das mal vorab. Fantastische Tipps und Ideen für Teamführung, in denen Teammitglieder als Erwachsene und nicht unmündige Menschen behandelt werden. Neue Ideen und Impulse für Zusammenarbeit, die extrem zielführend sind, und eine Lektüre, die ich nur empfehlen kann. Aber Buch scheint doch sehr „Brave New World“, oder nicht? Der Fairness halber sei erwähnt: Ich habe nur die kurze, bebilderte Version gelesen. Hin und wieder stolpere ich bei der Lektüre, es wirkt alles sehr – zu – harmonisch, Konflikte werden stets im Konsens mit gut gelaunten Mitarbeitern aus dem Weg geräumt. Der vom Autor skizzierte Weg ist ein evolutiver, von Violett über rot und orange, dann schließlich zu Türkis, als anzustrebende Stufe. Das würde aber auch bedeuteten, dass die Menschen, die in diesen Organisationen arbeiten, entweder selber diesen Farbtyp repräsentieren oder zumindest sehr gut damit klarkommen.


Nur – sind alle Menschen sich so ähnlich, dass alle diese Formen des Miteinanders, der gemeinsamen Entscheidungen und das konstruktive Lösen eines Dissenses leben können und wollen, und die türkise Stufe anstreben möchten? Hier wird dann das Bild des Waldes herangezogen, denn: auch hier entscheidet kein Baum-Gremium, hier finden sich die Strukturen von selbst, so wie das laut Autor in Unternehmen der Fall sein sollte. Die, die etwas gut können, machen das Richtige.  



Ein Blick in den Wald: Natürliche Selbstorganisation


Wie ist das denn im Wald? Zunächst erstmal: es gibt im Wald Schmarotzer, Jäger, Gejagte, Symbionten, Familien und Einzelkämpfer – alle Farben der Palette. Und da diese sehr unterschiedlichen Lebensformen in der Tat nicht organisiert werden, passiert Folgendes: Der Wald überlebt, und jeden Tag sterben tausende Lebewesen – und es kann keiner etwas dran ändern. Und die Jäger jagen ihre Beute und die Schmarotzer schmarotzen und so weiter. Nicht, weil sie schlecht sind oder nicht mehr passen, sondern weil genau das ihre Nische und ihre Stärke ist, durchaus zum Nachteil einiger mitunter, aber eben auch zum Vorteil anderer. Und das ändert sich auch nicht in selbst-organisierten Unternehmen, jedenfalls nicht, wenn das entsprechende Unternehmen nicht bestimmte Menschen (‘Farbtypen’) ausselektiert, die damit nicht klarkommen.

Natürlich kann man das Bild aus dem Buch auch einfach als ein Bild nehmen: eine schöne, romantische Metapher mit wenig Zusammenhang zum Inhalt.



Vielfalt als Chance: Eine Neudefinition der Arbeitskultur

Eine Unternehmensform der Zukunft erkennt aus meiner Sicht Vielfalt stärker an und organisiert sich von dieser Warte aus (selber) weiter. Wir brauchen daher eine Anerkennung und ein Verständnis für die positive und die negative Kraft der verschiedenen Typen (in Anlehnung an das DISG 4-Farbenmodell), damit wir eine Umgebung schaffen, in der ein ‘roter’ Typ seine Kraft so einzusetzen lernt, dass er dem Unternehmen hilft und ein ‘blauer’ Typ nicht an zu viel verlangter Eigeninitiative und vermeintlich mangelnder Organisation verzweifelt. Wir sollten nicht alle Türkis oder gelb anstreben, wir sollten die ganze Farbpalette ausschöpfen – anders geht es eh nicht.


Der Wald hat sich in letzten Jahrmillionen auch nicht zu einem Ort entwickelt, an dem nur noch bestimmte Pflanzen existieren, die besonders gut miteinander auskommen. Im Gegenteil, der Wald erhält sich seine Fitness durch Vielfalt. Daher plädiere ich für Unternehmen, in denen Mitarbeiter auch mal rot, grün, blau, violett oder gelb sein dürfen – und das Unternehmen dadurch zwar komplizierter, aber auch spannender und vor allem menschlicher wird.


Meine Sichtweise ist sicherlich dadurch beeinflusst, dass ich mich ja leidenschaftlich für Teamentwicklung, Change und Employee Experience interessiere und mich dafür einsetze – studiert habe ich aber Biologie, und mitunter betrachte ich uns Menschen nun mal aus der biologischen Perspektive.  



 

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